Der Schiffsmodellclub Salzwedel feiert Ende Juli sein 50-jähriges Bestehen. Der Teich ist ein beliebter Anlaufpunkt in der Szene. Bereits zwei Weltmeister haben die Sportler aus der Jeetzestadt hervorgebracht.
SALZWEDEL. Bernhard Zehe, Peter Schade und Danielo Kopka sitzen auf der kleinen Veranda am ehemaligen Nichtschwimmer-Becken des Salzwedeler Freibades. Der Teich ist offiziell seit 1985 das Domizil des Schiffsmodellclubs Hansestadt Salzwedel. Die drei blättern in der Vereinschronik, die vor 50 Jahren, im März 1974, beginnt.

„Bei der ,Fahne’ habe ich ein Buch der Volksmarine in die Hände bekommen. Das hat bei mir das Interesse an Booten geweckt“, erzählt Bernhard Zehe. Er ist das letzte aktive Gründungsmitglied des Vereins. Doch es dauerte noch ein paar Jahre, bis aus dem Interesse ein Hobby wurde. Die Wiege des Vereins ist der VEB Erdgasförderung in Salzwedel. Dieter Benke ist der Gründungsvater des Schiffsmodellsports in der Hansestadt. Er trommelte interessierte Kollegen zusammen und legte mit ihnen den Grundstein für den Verein.
„Die erste Werkstatt war in der Betriebsberufsschule am Stadion. Dort hatten wir drei Räume, die mit dem Werkzeug ausgestattet waren, das wir für den Modellbau benötigten“, erinnert sich Zehe, der mit Dieter Benke zudem Arbeitsgemeinschaften anbot.

Während der Anfangsjahre hatte der Club noch kein eigenes Gewässer. Mal fuhren die Boote im Freibad am Dämmchenweg. „Manchmal wurde das Nichtschwimmer-Becken geteilt, und wir fuhren, während gebadet wurde“, erinnert sich Peter Schade, seit 1980 dabei. Mal wurde das Regenrückhaltebecken hinter der SB-Tankstelle genutzt. Seit 1985 ist der Standort Teich zwischen der heutigen Badeanstalt und der Dumme das Domizil des Vereins.
Auch wenn die Mitglieder ihre Boote gerne auf dem Wasser sehen, verbringen sie noch heute viel Zeit mit dem Bauen. „Wir bauen noch heute alles selbst. Und wenn es doch mal ein Baukastenmodell ist, wird es modifiziert“, erklärt der stellvertretende Vereinsvorsitzende Peter Schade.
Dabei hat sich in den vergangenen 50 Jahren viel verändert. Zur Anfangszeit gab es beispielsweise keine Fernbedienungen zum Steuern der Schiffe. „Die Boote befuhren eine gerade Strecke. Vorab wurden das Ruder und die Laufzeit des Motors eingestellt, damit das Boot nicht sonst wo landet“, erzählt Schade. Doch das ist Geschichte, genauso wie die Vereinswerkstatt, die nach der Wende wie der Betrieb abgewickelt wurde. „Heute baut meistens jeder für sich, auch wenn Tipps und Werkzeug mal ausgetauscht werden“, bedauert Schade.
Fest am 27./28. Juli
Auf den Vereins-Vize entfällt auch das vermutlich bisher spektakulärste Modell, das bei den Modellbootsportler entstanden ist. Er baute eine offene Dampfpinasse nach und konstruierte sogar die Dampfmaschine selbst. Lediglich kleinste Komponente wie ein Manometer ließ er weg und ersetzte das Kohle- durch Gasfeuer unter dem Kessel. „Ich kann ja nicht hinter dem Boot her schwimmen und ständig Briketts nachlegen“, begründet Schade die notwendige Modifikation.
Das Dampfschiff ist übrigens am 27. und 28. Juli zu sehen. Dann feiert der Verein sein 50-jähriges Bestehen mit dem Fielmann-Pokal. Am Sonnabend von 9 bis 18 Uhr und am Sonntag von 9 bis 12 Uhr sind dann viele Nachbauten auf dem Vereinsgewässer am Freibad zu sehen und können von Besuchern bestaunt werden.
Aber nicht nur der originalgetreue Nachbau ist in dem Verein ein Thema. Auch das Fahren von Rennen hat Tradition in dem Club und bereits zwei Weltmeister hervorgebracht. Einer ist Andreas Benke, Sohn des Gründungsvaters Dieter Benke. Der Filius begann bereits im Kindesalter mit dem Modellbootsport und hat es in seiner Klasse 2010 an die Welt-Spitze geschafft und weitere internationale Medaillen geholt.
Für die Rennfahrer richtet der Verein den Altmarkpokal aus. Dieser Wettbewerb dient als Qualifikationslauf für Welt- und Europa-Meisterschaften und lockt Sportler aus ganz Deutschland in die kleine Hansestadt, die im Modellbootsport eine große Nummer ist.
Vereinschronik
Fünf junge Männer, die in Salzwedel beim VEB Erdgasförderung Kollegen waren, haben am 15. März 1974 die Modellsportwerkstatt für Schiffsmodellsport gegründet.
Die Motorjacht „Editha“ war 1976 das erste Gemeinschaftsprojekt der Gruppe. Zu DDR-Zeiten arbeiteten die Mitglieder gemeinsam in ihrer Werkstatt an den Modellen.
Die ersten Fahrten im Salzwedeler Freibad erfolgten am 3. Juli 1982.
Um ihr Hobby populärer zu machen, gestalteten die Modellbootsportler zu 750-Jahr-Feier Salzwedels am 11. Juni 1983 einen Lkw.
Es dauerte aber bis zum 8. April 1985, bis der Rat der Stadt den Modellbootsportlern das ehemalige Nichtschwimmer-Becken des „Volksbades“ überließ.
Quelle: VON MARCO HEIDE Die Volksstimme empfiehlt vom 19. Juli 2024 den Artikel Ein Verein mit zwei Weltmeistern https://epaper.volksstimme.de/volksstimme/share/UEpDRjFJQzhtOGtIdU1aemp5UlhodTU1NEVrQWRwYlBPQm1DaWtQeEo4WGdQd09rRXFvTkNhK1BhZ05MYWh3VCtHTHJIbVBKQ3VNRVpnYituSEQwZTBLOUs0Nis3L2RYN2J6Q3NVbVNEcE9Wd2xFcHlNTGNIVFZ0dW11RHNBND0=?preview=true