Würde es Reinhard Geratz nicht geben, wäre an Basketball in Salzwedel wohl erst einmal nicht zu denken gewesen.
Von Florian Schulz Volksstimme
Keiner traute sich an die (aufwendige) Aufgabe, beim PSV Salzwedel die Sektion neu aufzubauen. Bis Reinhard Geratz vom VfL Kalbe/Milde zurückkam und die Zügel in die Hand nahm. Mit Erfolg, denn mittlerweile verfügt der PSV wieder über vier Mannschaften, von denen immerhin zwei am Spielbetrieb teilnehmen.
Vom Sportlehrer überzeugt
Sportlehrer Heino Radtke war es, der Geratz mit 14 Jahren über die Schul-Arbeitsgemeinschaft in Henningen von dieser Sportart überzeugte. „Es war doch eher Zufall, dass wir Basketball als AG gewählt haben“, blickt der Groß Gerstedter, der sich damals gemeinsam mit seinem Freund René Große ausprobierte, zurück. Das Duo fand schnell Gefallen am Basketball. „Ich fand es schon immer bemerkenswert, wie gut Taktik, Technik und Athletik dort im Einklang stehen“, berichtet Reinhard. Ein Jahr später entschloss sich der Westaltmärker dazu, dem PSV Salzwedel unter Trainer Oliver Krösch beizutreten.
Als Aufbauspieler war Reinhard Geratz mit den Kreisstädtern in der Bezirksliga unterwegs. 2006 holte sich das Team sogar den dritten Platz in der Landesliga. Anschließend begann allerdings der große Boom beim VfL Kalbe/Milde. Gemeinsam mit Marcel Ziemke und Marcel Manthey wechselte Geratz, der seit seinem 25. Lebensjahr ununterbrochen als Spartenleiter in Salzwedel tätig ist, zur Spielzeit 2006/2007 an die Milde. Das allerdings wirkte sich äußerst negativ auf den Basketballsport in Salzwedel aus. Ein Jahr später kam es dort nämlich zur Auflösung des Herrenteams.
Aufstieg in die Oberliga
Nach drei Landesliga-Jahren schaffte Reinhard Geratz mit seinen Kalbenser Farben den Aufstieg in die Oberliga. Dort feierte das VfL-Team 2008/2009 die Vizemeisterschaft und stieg in die Regionalliga auf. In besagter Serie zog sich der Groß Gerstedter einen Kreuzbandriss zu. In der Regionalliga kehrte er zu früh auf die Platte zurück. Das rächte sich. Wenige Sekunden nach dem Comeback („Ich war einfach zu ehrgeizig“) folgte der zweite Kreuzbandriss und damit das vorläufige Karriereende.
2009 kam Reinhard Geratz zurück nach Salzwedel. Er hatte ein klares Ziel: „Ich wollte beim PSV wieder eine Sparte aufbauen.“ Die Spieler der ehemaligen Herrenmannschaft waren in alle Richtungen verstreut. So fing Geratz als Trainer mit der jüngeren Generation an. Er baute eine U16-Mannschaft auf, schickte sie nach einem Jahr Training in den Spielbetrieb. Über die U18 und die U20 führte er das junge Team vor zwei Jahren in den Herrenbereich. Mittlerweile spielt die PSV-Truppe in der Bezirksliga Nordwest und dort eine starke Rolle. Doch auch mit der Gesamtentwicklung im Verein ist der 36-Jährige zufrieden. Die Hansestädter verfügen über eine U12, U16, eine Frauen- sowie eine Herrenvertretung. Im Spielbetrieb befinden sich aktuell aber lediglich die Männer und die U12-Cracks.
„Dass es so gut läuft, hätte ich nicht gedacht. Doch im Laufe der Zeit kamen bei den Herren auch viele ehemalige Akteure zurück, die sich mit dem Verein verbunden fühlten“, verrät Reinhard. Die Erwachsenenmannschaft übernahm der Westaltmärker, der seit 2009 über die C-Lizenz verfügt, als Spielertrainer. Erfahrungen als Coach hatte Geratz bereits seit der Spielzeit 2005/2006 gesammelt, als er die erste PSV-Männermannschaft als Spielertrainer übernahm und nebenbei auch noch eine zweite Vertretung aufbaute.
„Ich hatte schon damals das Ziel, den Basketball in Salzwedel zu etablieren“, erklärt der 36-Jährige. Seine schönste und auch wertvollste Zeit hatte der Aufbauspieler allerdings in Kalbe unter Trainer Thomas Koepke. „In dieser Mannschaft wurde sehr professionell und leistungsorientiert gearbeitet. Diese Zeit hat mir viel gegeben“, blickt Reinhard Geratz zurück.
Einstieg der U16 realistisch
Allerdings stand für den Groß Gerstedter immer fest, dass er irgendwann zu seinem Heimatverein nach Salzwedel zurückkehren würde. „Ich habe dort 2009 bei null angefangen und stand quasi mit dem Basketball allein in der Halle“, verrät Geratz mit einem Schmunzeln. Allerdings wurde an den Schulen viel Werbung gemacht. So fanden sich mit der Zeit sogar um die 15 Kinder zu den Trainingseinheiten ein. „Ich war sehr überrascht, wir hätten fast zwei Teams bilden können“, verrät Reinhard Geratz, der auch einige Mädchen begrüßen durfte. Mittlerweile verfügt der Verein über um die 60 Mitglieder und vier Trainingsgruppen. Die Herren und die U12 gehen jeweils in der Bezirksliga auf Punktejagd, während die Frauen und die U16 ausschließlich trainieren.
„Die Damen sehen das nur als Freizeitbeschäftigung, bei der U16 kann ich mir einen Einstieg in den Spielbetrieb schon vorstellen. Noch ist der Kader aber zu klein“, so Reinhard, der sich über eine dritte Mannschaft im Spielbetrieb sehr freuen würde. Der Sektionsleiter übernimmt momentan fast alle wichtigen Aufgaben in der Sparte – egal ob in organisatorischer oder auch in finanzieller Hinsicht. „Ich denke, dass wir das im nächsten Jahr aber ein wenig aufteilen können“, verrät der Groß Gerstedter, der die Last momentan allerdings noch allein stemmen kann. Als Trainer – neben dem Herrenteam coacht er auch gemeinsam mit Muhammed Umeri die U12 – sieht sich „Alleinunterhalter“ Reinhard Geratz eher als sachlichen Vertreter.
„Einige Spieler in unserem Herrenkader wollen leistungsorientiert spielen, andere wiederum mehr zocken. Daher ist es mir wichtig, den geeigneten Mittelweg zu finden“, so der 36-Jährige. Als Spieler war der Westaltmärker – sowohl im Spiel als auch im Training – enorm ehrgeizig. „Ich wollte immer 90 oder auch 120 Minuten Vollgas geben. Eigentlich würde ich so auch gern als Trainer sein, aber in unserer jetzigen Situation ist das nicht möglich“, erklärt der Spartenchef. Die Herrenmannschaft trainiert aktuell auch lediglich einmal pro Woche.
Dauerhaft ist es Reinhard Geratz‘ Ziel, das Projekt an der Jeetze noch weiterzuentwickeln. „Ich strebe – auch wenn 100 natürlich eine schöne Mitgliederzahl wäre – zwar keine bestimmte Größe an, würde mich aber freuen, wenn noch mehr junge Leute dazukommen“, erklärt Geratz. Die Nachwuchsarbeit soll noch weiter verbessert, dazu noch mehr Trainer qualifiziert werden. Ein Aufstieg der Bezirksliga-Herren ist für den Spielertrainer, der nach eigener Aussage zuletzt ordentlich an seiner Fitness gearbeitet hat und wieder regelmäßig auf der Platte steht, kein primäres Ziel.
In der Landesliga gut aufgehoben
„Sicherlich wäre das Team in der Landesliga gut aufgehoben, allerdings sehe ich den Aufwand mit den Spielen dort zu hoch“, verrät der 36-Jährige. Was die Leistung betrifft, könnte sich der Spartenchef eine Spielklasse höher gut vorstellen. Vor allem die Mischung aus jungen Talenten und erfahrenen Routiniers stimmt. „Wenn wir bis zum Ende um den Aufstieg mitspielen, werden wir sicherlich auch darüber nachdenken“, verspricht der Groß Gerstedter.
Als Spieler hat er sich keine großen Ziele mehr gesetzt: „Da habe ich eigentlich alles erreicht, was ich wollte.“ Mit Edgar Golcer verfügt Geratz aktuell über einen spielenden Co-Trainer, der ebenfalls viel Verantwortung übernimmt. Mit dem Vorstand des Vereins, der neben der Basketball- auch über eine Volleyball-, Sportschießen- und Leichtathletiksparte verfügt, arbeitet Reinhard gut zusammen. Ein Vorbild in Sachen Vereinsführung nimmt sich der 36-Jährige an Thomas von Glahn.
Der Sektionsleiter des VfL Kalbe/Milde steht dem Groß Gerstedter bei wichtigen Angelegenheiten oft beratend zur Seite. Dass die Kalbenser nach dem freiwilligen Rückzug aus der Oberliga nun ebenfalls in der Bezirksliga aktiv sind, freut den Westaltmärker natürlich besonders, zumal er auf alte Weggefährten trifft. Zufälligerweise liefern sich die beiden Teams aktuell auch noch einen Zweikampf um den Staffelsieg. Auch wenn dort zwei Herzen in der Brust von Reinhard Geratz schlagen, würde er natürlich am Ende doch lieber seinen PSV Salzwedel vorne sehen.